Strom - Wie der Strom auf den Wald kam

 

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Markus Manfred Jung setzt sich im Stück mit der Elektrifizierung auf dem Hotzenwald auseinander. Die Handlung konzentriert sich in fünf Szenen auf einen kleinen Zeitraum des Jahres 1903. Man erlebt die Konflikte die mit der möglichen Elektrifizierung der Heimweberei in und um Hottingen entstehen, denn zwei Welten prallen aufeinander: die Einen sind überzeugt von der Notwendigkeit und dem Vorteil, den der Strom auf den Wald bringen würde und verfolgen diesen Plan begeistert. Die Anderen leisten Widerstand gegen diese Modernisierung, welcher durch Unwissenheit und auch Starrsinnigkeit mancher Dorfbewohner verstärkt wird. Wenig Bildung, Aberglaube und Bauernschläue treffen auf Wissenschaft und Vernunft und führen zu Kontroversen und interessanten Begegnungen.
Der weltmännisch auftretende Faller beeindruckt mit seinem Wissen und seinem souveränen Art zwar einige der Männer von Hottingen, und er weiß auch bei den Frauen seinen Charme gut einzusetzen, trotzdem hat er kein leichtes Spiel, seine Modernisierungen durchzubringen. Er scheitert immer wieder an Unikaten der Dorfbevölkerung, die ihn mit Starrsinn und Bauernschläue konfrontieren und gar übers Ohr hauen.
Alle, Kinder, Frauen Männer, Jung und Alt setzen sich mit dem anstehenden Wandel auseinander, und nicht alle sind mit der sich ändernden Rollenverteilung in Familie und Gesellschaft einverstanden. Während die einen von der Stadt und den Möglichkeiten durch die Elektrizität träumen, sind andere strikt gegen diese Veränderungen. Sie sehen in der Beschleunigung einen Nachteil für sich oder auch einen Eingriff in Gottes Werk.
Die Kinder verarbeiten derweil das in der Schule gelernte Wissen über die Elektrizität mit dem in den Diskussionen der Erwachsenen aufgeschnappten Halbwissen, dem Streit und dem Aberglauben zu einem wunderbaren Spiel.
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Die Wald-Elektra
Die Geschichte der Wald-Elektra beginnt im Jahr 1903. Genaugenommen reicht sie schon ein paar Jahre weiter zurück, denn auf dem Wald spielte die Seidenbandhausweberei bis dahin eine große Rolle und geriet schon 1895 in eine tiefe Strukturkrise. Auslöser der Krise waren die neu aufkommenden Fabriken, die mit ihrer gleichmäßigeren Qualität der Hausindustrie überlegen waren. Die Textil-Firmen, so berichtet Wolfgang Bocks in seinem Werk "Die Geschichte der Wald-Elektra", zogen ihr Engagement mehr und mehr zurück, so dass der Hotzenwald vor einer wirtschaftlichen Katastrophe stand. Laut Bocks waren 1895 von den ehemals 1000 Seidenbandwebstühlen nur noch 50 in Betrieb. Die Auswirkungen sind bekannt: Die von der Armut bedrohten Waldbewohner wanderten in die Fabriken des Rheintals ab, die Bevölkerung auf dem Wald nahm in dieser Zeit um bis zu 20 Prozent ab.
Um mit den Industrieprodukten mithalten zu können, musste die Qualität der Hausprodukte verbessert werden. Dies wiederum funktionierte nur mit der Einführung von Elektrizität auf dem Wald, da die Ansiedlung von Fabriken wegen der ungünstigen Lage nicht in Frage kam. Da kam der Bau des ersten europäischen Flusskraftwerks in Rheinfelden gerade recht. Das Versorgungsgebiet der Kraftübertragungswerke Rheinfelden wurde schnell ausgebaut. Dies war, so Bock,für den Hotzenwald von der technischen Seite her eine günstige Situation.
1902 fand daher die erste Versammlung mit Vertretern der Hausweber und der Gemeinden statt. Man einigte sich auf ein Projekt zur Modernisierung der Hausindustrie. Am 15. Mai 1903 fand in Görwihl die Gründungsversammlung der "Kraftabsatz-Genossenschaft Wald-Elektra" statt. Die Finanzierung erfolgte durch das Großherzogtum Baden und die Schweizer Firmen für die in Heimweberei Seidenbänder gefertigt wurden.
Erster Vorsitzender der Genossenschaft war der damalige Herrischrieder Bürgermeister Peter Matt. Er leitete das Unternehmen bis ins Jahr 1935. Das Hochspannungsnetz mit 6800 Volt wurde als Ringleitungsnetz von Hütten über Hottingen, Görwihl, Herrischried und zurück nach Hütten gebaut. Doch die Wald-Elektra hatte von Anfang an Schwierigkeiten. Schnee, Eis, Stürme und Gewitter unterbrachen die Stromlieferungen immer wieder. Kaum ein Tag verlief ohne Betriebsstörungen. Der Ärger war groß und die Stimmung gegen die jetzt als "Wald-Verreckdra" beschimpfte Genossenschaft wurde schlechter. Als Folge blieben von den 670 Genossenschaftlern nur 426 übrig und Mehreinnahmen blieben damit aus, was letztlich das Ende für die Wald-Elektra bedeutete.

Das Kraftwerk Hottingen
Die Ursprünge des Kraftwerks in Hottingen reichen weiter zurück, als die der Wald-Elektra. Schon 1864, lange bevor von einem Kraftwerk die Rede war, plante der Fabrikant Emil Suter aus dem schweizerischen Kölliken eine mechanische Weberei bei Hottingen, scheiterte aber bereits am Erwerb der dafür nötigen Wasserrechte.
Mehr Erfolg hatte 1874 Richard Leitz, ein Fabrikant aus Hasel. Er schaffte es die Wasserrechte und nötigen Grundstücke zu kaufen. Leitz wollte eine Kammgarn-spinnerei errichten, zog seine Pläne jedoch zurück, als die Gemeinde Hottingen den Wegebau und die geforderten 30 Jahre Steuerermäßigung ablehnte.
1897 trat schließlich Ferdinand Faller auf den Plan. Der Direktor der Weberei Zell im Wiesental erwarb die Grundstücke von Leitzs Erben mit seinem Privatvermögen und plante im Gegensatz zu seinen Vorgängern ein Wasserkraftwerk.
1899 entwickelte sich die Idee der Elektrifizierung der Heimweberei auf dem Hotzenwald. Darauf reichte Faller beim Bezirksamt Säckingen ein Baugesuch für sein Kraftwerk ein. Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin (AEG) arbeitete die Pläne aus und interessierte sich für den Bau- und Installationsauftrag. Allerdings forderte die AEG von Faller seine Beteiligung in Höhe der Hälfte der Kosten. Faller lehnte dies ab.
Mit dem eingereichten Baugesuch erregte Faller den Unmut der Wuhrgenossenschaft, der heimischen Fischer und des benachbarten Sägewerks, die Bedenken gegen das Vorhaben hatten. Trotzdem erteilte der Herzogliche Bezirksrat Säckingen im Januar 1903 die erste Baugenehmigung. Damit verbunden waren aber Einschränkungen und Auflagen, die zu erfüllen Faller nicht bereit war. Der Kraftwerksbau hatte sich damit erst einmal erledigt. Doch Faller gab nicht auf. Zwischen 1905 und 1908 wurden die Baupläne den Einsprüchen entsprechend mehrfach geändert. Ende Januar 1908 lag dann die endgültige Baugenehmigung vor. Noch im selben Jahr wurde das Kraftwerk fertiggestellt.
Unter dem Leitspruch "Mög dies Werk den Stürmen trotzen und Segen bringen allen Hotzen" produziert das Kraftwerk seit August 1908 Strom. Von Beginn an wohnte der Maschinist Hugo Dötsch mit seiner Familie im Kraftwerk über dem Maschinenraum und es wurde zur Selbstversorgung der Familie Dötsch eine kleine Landwirtschaft neben dem Kraftwerk eingerichtet.
Ferdinand Faller starb 1912. Seine Erben übernahmen das Kraftwerk. 1935 übergaben sie es gegen eine Aktienbeteiligung an die Firma Zell-Schönau-AG, der nun Weberei und Kraftwerk gehörten. 1975 wurde der ebenfalls im Werk lebende Maschinist Rudolf Dötsch, Sohn von Hugo Dötsch, pensioniert. Heute produziert das Werk ohne Überwachung Strom für die Energiedienst AG, der die Anlage seit Juli 1992 gehört.